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vendredi, 30 septembre 2011

„Türken genießen keine Minderheitenrechte“

„Türken genießen keine Minderheitenrechte“

Ex: http://www.zurzeit.at/

Professor Karl Albrecht Schachtschneider über rechtliche Probleme durch einen möglichen Beitritt der Türkei zur EU

Herr Professor Schachtschneider, immer wieder ist ein baldiger EU-Beitritt der Türkei im Gespräch. Was sind Ihrer Ansicht nach die möglichen Folgen eines EU-Beitritts der Türkei?

Karl Albrecht Schachtschneider: Der Beitritt der Türkei würde die Europäische Union weiter wirtschaftlich überfordern, denn obwohl die Türkei ja durchaus einen gewissen wirtschaftlichen Aufstieg erlebt, ist sie doch immer noch ein sehr armes Land und es würden nicht nur viele Türken in die europäischen Länder kommen, insbesondere nach Deutschland und Österreich, sondern sie würden auch die überzogenen Sozialleistungen in der Europäischen Union in Anspruch nehmen können. Das wird im Wesentlichen eine Sozialwanderung sein, eine Sozialmigration, die für uns nicht mehr zu verkraften ist.

Ganz davon abgesehen, würde es die Zahl der Muslime in der Europäischen Union erheblich erhöhen und damit die islamische Gefahr für Europa verstärken.

Bestehen zusätzlich zu den wirtschaftlichen auch ernsthafte rechtliche Bedenken gegen einen EU-Beitritt?

Schachtschneider: Im Prinzip ist durch die Kopenhagener Kriterien der Weg zu einem EU-Beitritt für die Türkei geebnet, wenn sie die Bedingungen der Kriterien erfüllt. Damit ist aber noch kein Anspruch begründet, auch wirklich Mitglied zu werden. Das verlangt vor allem die politische Entscheidung aller 27 Mitgliedsstaaten. Alle EU-Staaten müssen dem Beitritt der Türken zustimmen.

Darüber hinaus müssen auch die europäischen Organe ihre Zustimmung erklären, hier im Wesentlichen das Europäische Parlament und der Rat. Jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union ist frei darin, die Aufnahme der Türkei zu befürworten oder abzulehnen. Die Verlobung durch den Kopenhagener Beschluß ist nicht schon die Eheschließung. Eine Verlobung muß nicht zur Ehe führen und sollte es in diesem Fall auch nicht! Rechtlich muß auch über den Europa-Begriff diskutiert werden, bevor eine Aufnahme der Türkei möglich ist. Die Türkei gehört mit einem ganz kleinen Teil, zu Europa. Die Türkei ist ein Teil Asiens. Die EU will Europa miteinander verbinden, aber nicht die ganze Welt, auch nicht den Nahen Osten mit Israel und die nordafrikanischen Staaten, wie das propagiert wird.

Herr Professor, wie bewerten Sie den Einfluß und die rechtliche Stellung des Islam in Mitteleuropa derzeit?

Schachtschneider: Der Einfluß des Islam in Mitteleuropa ist tatsächlich sehr groß. Er ist vor allem durch das Mißverständnis der sogenannten Religionsfreiheit so groß geworden. Dem Islam sind durch dieses Mißverständnis die Tore weit geöffnet.

Das Hauptproblem ist, daß es diese Religionsfreiheit, nämlich zu leben und zu handeln, wie es die Religion gebietet, so das Verständnis des Bundesverfassungsgerichts Deutschlands, gar nicht gibt. In keinem Menschenrechtskatalog, in keinem Grundrechtskatalog ist eine solche Freiheit geschützt. Geregelt ist vielmehr eine Glaubensfreiheit. Diese Glaubensfreiheit kann man keinem Menschen nehmen. Eine Bekenntnisfreiheit – die gerne als „Bekennensfreiheit“ mißverstanden wird, nämlich daß man durch sein Leben und Handeln seine Religion bekennen kann, ein solches Grundrecht gibt es nicht.

Bekenntnisfreiheit heißt, daß man das jeweilige Glaubensbekenntnis frei wählen kann. Etwa das katholische oder das protestantische oder auch ein anderes Bekenntnis, wie auch eine andere Weltanschauung. Das kann einem niemand nehmen, das sind innere Glaubensfragen, Gedankendinge. Aber das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung im täglichen Handeln ist scharf eingeschränkt durch den Vorrang der staatlichen Gesetze. Jedenfalls in Deutschland. Das wird in Österreich nicht anders ein. Die Säkularisierung des Politischen ist die Bedingung des Religionspluralismus. Das Politische hat den klaren Vorrang vor dem Religiösen und es gibt kein Grundrecht, die Politik einer Religion zu unterwerfen oder die Politik an der eigenen Religion auszurichten, etwa gar eine Theokratie aufzubauen. Ein solches Grundrecht ist nirgends gewährleistet und würde die entscheidende Errungenschaft Europas aufheben, nämlich die Säkularität des Politischen und des Religiösen. Und jedermann weiß, daß der Islam die Säkularität nicht akzeptiert. Der Islam ist ein politisches System, daß eben auch religiös begründet ist. Aus diesem Grunde halte ich den Islam mit unseren Verfassungstexten und unseren Verfassungen für nicht vereinbar, keinesfalls mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Ich habe das in meinem Buch, „Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam“, näher dargelegt.

Was halten Sie von den Forderungen von Ministerpräsident Recep Erdogan nach umfassenden Minderheitenrechten der türkischen Einwanderer in Deutschland?

Schachtschneider: Auch die Türken, die in Deutschland leben, die Muslime in Deutschland, mögen ihren Glauben haben und mögen ihr Bekenntnis haben. Sie können aber nicht besondere Rechte beanspruchen.

Für sie gelten die allgemeinen Gesetze, die für alle Menschen in einem Rechtssystem gemacht sind. Auch die Muslime müssen sich diesen Gesetzen fügen. Irgendeine Privilegierung einer Bevölkerungsgruppe wegen der Religion kommt nicht in Frage, genausowenig übrigens für Katholiken und Protestanten oder allen anderen Religionen. So stark ist das vermeintliche Grundrecht der Religionsfreiheit eben nicht, weil es ein solches Grundrecht überhaupt nicht gibt. Die Religionsausübung wird freilich im Rahmen der allgemeinen Gesetze geschützt und gefördert. Politische Sonderrechte geben die Religionsgrundrechte nicht her, nicht einmal das Recht, religiös orientiert zu wählen, um die Politik auf die eigene Religion auszurichten. Bei den Wahlen geht es um die allgemeine Freiheit, die durch die Gesetze verwirklicht werden soll.

Derartige Minderheitenrechte sind also grundsätzlich abzulehnen. Es sind den Türken und Muslimen aber auch keine Volksgruppenminderheitenrechte einzuräumen, wie sie etwa die Dänen in Schleswig-Hohlstein oder andere anerkannte Minderheiten haben. Die Türken und Muslime gibt es überall in Deutschland und sie sind inzwischen ein Teil der Bevölkerung geworden und müssen sich somit auch den Gesetzen Deutschlands und Österreichs unterwerfen. Da gibt es keinerlei Zweifel!

Das Gespräch führte Matthias Hellner.