Las referencias que tenemos en el presente del Zoroastrismo y su fundador están muy mediatizadas por el uso que el filósofo alemán Friedrich Nietzsche hizo de su figura, al que, paradójicamente, convirtió en una especie de apóstol o profeta de sus propias enseñanzas. Zaratustra proporcionó una multitud de elementos, mitos y doctrinas que, ulteriormente, servirían de vehículo de expresión, hasta llegar al terreno de los mitos, y en el ámbito teológico, para el desarrollo de las grandes religiones monoteístas, y en concreto del cristianismo, que fue precisamente la máxima expresión de la moral del rebaño, de la desfiguración y falsificación de la existencia a manos de los sacerdotes, a los que también se enfrentó el propio Zaratustra en su momento. Sin embargo, Nietzsche no buscaba moralizar el mundo, sino más bien destruir las categorías morales bajo las cuales se pretendía enmascarar la naturaleza y la Verdad, y enfrentar al hombre a sus propios miedos y al mismo abismo de la vida, en toda la magnitud de su crudeza. Zaratustra era el hombre solitario, acompañado de sus animales heráldicos, el águila y el león, que vive en una cueva, apartado del mundo, y que para transmitir su mensaje a la humanidad, su mensaje de superación, renovación y transfiguración, tiene que volver entre los hombres, y enfrentarse a sus miserias, a sus vilezas y mediocridades.
von Holger Schnepf
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Wenn etwas in der eigenen Zivilisation so richtig schief läuft, wie bei uns in der Westlichen Kultur, dann lohnt ein Blick aus einer höheren Warte, dass man einmal inne hält und versucht, einen neuen Blickwinkel zu finden. Zu leicht verliert man sich im Kleinen, in den Niederungen der politischen Programme, im Gefeilsche um 3% mehr dort oder 2% weniger hier. Die Westliche Welt ist in einer grundlegenden Krise, und die Zeichen sind in den USA ähnlich zu sehen, wie in den westeuropäischen Staaten. Daher Westliche Welt: schon Osteuropa tickt in vielem ganz anders.
Manch einen mag die Vorstellung, historische Wurzeln und philosophische Ansätze heranzuziehen, um die gegenwärtige Krise zu verstehen, erst einmal irritieren. Die Realität aber ist, dass unser ganzes Denken auf eine sehr grundlegende Weise nicht Zufall ist, sondern in der Tat das Resultat von Jahrtausenden der Zivilisations-Geschichte. Geschichte ist unsere zweite Haut, unser zweites Ich. Es durchdringt unser Fühlen, aber wir sind uns dessen nicht bewusst. Und darin ist jedes Volk ebenso eigen wie jeder Kulturkreis. Es ist eben ein Irrtum der Linksgrünen zu glauben, es seien „nur“ kulturelle Unterschiede, welche in Europa oder in der Migrationskrise zu bewältigen seien; als sei Kultur etwas, das man leicht hinter sich lässt.
Die meisten haben so leider nur eine vage Vorstellung davon, wie stark uns historische Entwicklungen und bestimmte Philosophien beeinflussen. Zwei Beispiele.
Die Deutschen sind schon immer ein Volk in der Mitte Europas, eingekreist von anderen Völkern und Nationen. Die lange, verheerende Invasion deutscher Staaten im 30jährigen Krieg (1618 – 1648), bei der in manchen Gegenden bis zu 90% der Menschen getötet wurden und eine ungeheure gewaltsame Verrohung herrschte, hinterließ ein tiefes Trauma, dass die Deutschen kollektiv bis ins 20. Jahrhundert beherrschte, es prägte das politische Handeln und Tiefenempfinden der Deutschen: nie wieder so schwach, so zerstritten und isoliert sein, dass sich dieses Trauma der Invasion von allen Seiten, die totale Verwüstung, wiederholt. Der ganze deutsche Militarismus entstand als Folge dieses Traumas, und dominierte 400 Jahre deutscher Geschichte.
Unser philosophisches Erbe aber ist der Individualismus. Wie stark uns das von allen anderen Kulturen der Welt unterscheidet, ist den meisten Europäern kaum bewusst. Dass wir Dinge vom Individuum her denken, scheint uns ganz normal, ganz selbstverständlich. Wenn man Menschen in außer-europäischen Kulturen fragt, was uns Europäer kennzeichnet, wird man dies unisono hören: euer Individualismus. Und meist ist der Tonfall dabei nicht, als würde das beneidet. Für die Asiatischen Kulturen ist der westliche Individualismus ein Irrweg, eine Art Marotte, wie sie trotzige kleine Kinder haben. Der Grund für diesen zunächst etwas überheblich klingenden Blick ist wiederum die Geschichte.
Europas zersplitterte Geschichte
Europa kannte nur eine Zivilisation in seiner Geschichte, das Römische Reich, und dieses Projekt ein geeintes Europa zu schaffen, ging komplett unter. Was danach folgte, waren über 1000 Jahre Finsternis, das Mittelalter; eine Zeit deren Herrscher nüchtern betrachtet kaum mehr als Raubritter waren, bar aller Gelehrsamkeit und ewig im Krieg mit sich selbst. Eine stagnierende Epoche. In Asien verlief die Geschichte komplett anders. Wenn man sich die Weltkarte ansieht, wird man bemerken, dass China den Löwenanteil der Landmasse ausmacht. Dabei ist es ein Irrtum, China als einen Nationalstaat wie Deutschland oder Frankreich, nur in groß zu sehen. China war von Anfang an ein Vielvölkerstaat, ähnlich wie später Russland, mit einer dominierenden Ethnie: den Han-Chinesen. Auf diese Weise kann ein großes Reich funktionieren, wenn es eine Leit-Kultur und Leit-Ethnie gibt. In Russland sind das die Russen, in China die Han-Chinesen. Der Versuch, mit einer Römischen Leitkultur Europa zu einen, ging dagegen in die Binsen. So stehen wir heute als gespaltene Völkergruppen da, mit 1500 Jahren getrennter Geschichte.
Neben dem historischen Aspekt möchte ich aber hier vor allem den Philosophischen betrachten. Für uns Westler ist die westliche Philosophie, welche die politischen Ideale des Westens prägte, der Mittelpunkt der Welt, quasi das einzig Gültige. Mit Sokrates, Plato und Aristoteles fing das an, die beiden großen, prägenden Gedanken: Von Plato kam der Universalismus, von Aristoteles die Logik.
Universalismus das ist, dass wir dauernd all-gültige abstrakte Werte suchen. Etwas muss an sich richtig sein. Wir kennen das von Kants Kategorischem Imperativ: Handle stets so, dass dein Handeln Maxime für alle sein kann. Das ist Platonische Ideenlehre in modernere Begriffe gekleidet. Es ist die typische westliche Vorstellung, es müsse abstrakte Ideen und Gedankengebilde geben, die an sich, a priori richtig und wahr sind. Wir können uns kein relatives Gutes vorstellen. Schon das ist schwer zu begreifen. Ich will ein Beispiel geben. Das Gegenteil von Universalismus ist Partikularismus, also ein Gutes für eine begrenzte Gruppe. Zum Beispiel Tribalismus, eine Stammes-Moral. Ein Mensch, der statt einem Universalismus einem Tribalismus anhängt, für den würde nur das Wohl des eigenen Stammes gelten. Regeln, Gesetze, Gut und Böse, das gibt es im Tribalismus nur innerhalb des eigenen Stammes. Nur die eigenen Leute muss man recht und gut behandeln. Weite Teile Afrikas und Arabiens werden noch immer im Wesentlichen durch eine Stammesmoral beherrscht. Für sie gibt es kein abstraktes Gutes. Der Gedanke scheint uns so selbstverständlich, dass das Gute etwas universelles sein sollte, dass immer und allen gegenüber auf gleiche Weise gilt. Menschenrechte zum Beispiel. Die hat jeder Mensch. Das ist aber ein typisch westliches Denken.
Von Aristoteles kommt die Logik, und daraus erwuchs der Individualismus. Der Einzelne entscheidet was richtig ist, nur aufgrund von Rationalität, also von der Frage ist es für mich richtig. Das hat sich erheblich ausgewirkt. Richtig in Fahrt kam das mit Martin Luther. Er wollte sich nicht mit biblischen Deutungen der Obrigkeit zufrieden geben, er wollte sich seine eigene Meinung bilden, er wollte, dass die Bibel alle in ihrer eigenen Sprache lesen können, so dass jeder durch eigene Überlegung entscheidet, wie er die Bibel deutet. Für uns scheint das heute ganz normal, auch in Fragen jenseits der Bibel. Für die Zeit des späten Mittelalters war dies ein Affront, eine Ungeheuerlichkeit, dass ein Einzelner sich anmaßte aufgrund seines eigenen Verstandes zu urteilen. Damit ist die ganze Entwicklung zur Individualität in Europa losgetreten.
Ich musste hier so weit ausholen, damit man versteht, dass unser Denken, politisch und philosophisch, eben uns ganz eigen ist. Das Problem ist, wenn ich so sagen darf, dass uns heute diese Vergötterung des Individuums, das Genick bricht. Man hat eine an sich gute Idee, die Freiheit des Einzelnen, so weit ins Extrem getrieben, dass es heute keinen Zusammenhalt mehr gibt, jeder ist ein Einzelkämpfer, die Zahl der Singles und Alleinerziehenden explodiert, damit einhergehend fallen die Geburtenraten. Auch der Sozialstaat ist überfordert, als eine Folge: früher gab es Großfamilien, die einen Großteil der sozialen Aufgaben übernahmen. Man musste weder Kindergärten finanzieren, weil Mütter die Kinder aufzogen, noch Seniorenheime, da die Familie die Eltern pflegte. Je vereinzelter die Menschen sind, desto teurer wird es für den Staat. Man sehe sich zum Unterschied eine türkische oder arabische Familie an: hier wird keiner, der arbeitslos wird, hängen gelassen: man findet eine kleine Arbeit im Laden eines Familienangehörigen oder Bekannten. Man hat Netzwerke, in die man sich einfügt und die einen auffangen. Was wiederum ein Hemmnis der Integration ist – man hat Sicherheit in der Sippe, kaum einer, der diese Sicherheit im Familienclan und der eigenen Ethnie hat, will als Araber oder Türke in die Hyper-Individualisierte Vereinzelung und Einsamkeit der westlichen Menschen fallen.
Die Lehre von Konfuzius
Wenn man Menschen heute von chinesischer Philosophie erzählt und was wir davon lernen können, so muss man oft erst dumme Klischees beseitigen. Der witzige Chinese, der dümmlich lispelt, der Zwang zum immer Lächeln und das Gesicht wahren, die Idee lächerlicher Kalender-Sprüche. Das ist ein Zerrbild wie das vom Deutschen in Lederhose. Keiner bestimmte das Denken ganz Asiens so sehr, wie Konfuzius. Seine Ideen und Vorstellungen haben den ganzen kulturellen Raum Asiens tief geprägt. Es gibt im Westen gar keine einzelne Person, die unser westliches Denken so im Alleingang geprägt hat, wie Konfuzius das Denken Asiens.
Konfuzius lebte zwischen 551 und 479 v. Chr. In einer Zeit, da China gespalten und tief zerstritten war, da allgemein ein Verfall von Sitten und eine starke Verrohung der Menschen herrschte. Er versuchte die Frage zu beantworten, wie dies kommen konnte, und wie man dem abhelfen konnte. Dabei standen für ihn keine hochtrabenden politischen Programme im Vordergrund, sondern ethische und philosophische Grundlagen. Für Konfuzius waren dies fünf Punkte, die alle aus einer Grunderkenntnis heraus entstanden.
Die Grunderkenntnis von Konfuzius war, dass nur in einer richtigen gesellschaftlichen Ordnung ein gutes Leben in Ethik und sinnhaften Handeln möglich ist. Das ist quasi eine auf den Kopf Stellung gegenüber dem westlichen Denken: für uns scheint das Gute immer aus dem Einzelnen zu kommen. Für Konfuzius dagegen entspringt Freiheit nur aus einer rechten Ordnung. „In einer gerechten Gesellschaft, ist es eine Schande arm zu sein; in einer ungerechten Gesellschaft, ist es eine Schande, reich zu sein.“ Das ist ein Ausspruch, der sein Denken kennzeichnet. Das Gerechte, das Gute und die Entfaltung hängen von der ganzen Ordnung ab, die die Menschen umgibt. Für Konfuzius aber waren die Regeln, die Ordnung, kein Selbstzweck, und schon gar kein Zwang, der einem von der Obrigkeit erteilt wurde, sondern etwas wie Spielregeln: alle einigen sich darauf, weil nur so ein sinnvolles Handeln möglich wird. Es ist ein gemeinschaftlicher Akt der Einsicht.
Fünf Lehren
Die fünf Pfeiler auf denen sich diese Ordnung gründet sind Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Pietät, Sitten und Bildung. Für Konfuzius ist der Kern aller menschlichen Ordnung die Familie. Sie ist die Keimzelle der Gesellschaft, innerhalb der Familie lernt der Mensch alle notwendigen sittlichen und emotionalen Fähigkeiten. Sie, und nicht das Individuum, machen den Kern der konfuzianischen Lehre aus. Daher haben bis heute in Asien die Familienclans und familiäre Gemeinschaften die überragende Bedeutung; das Individuum entfaltet sich nur im Einklang mit dieser.
Das Li Gi, ein konfuzianisches Grundlagenwerk, beschreibt diesen Gedanken so:
„Die Familienordnung als Grundlage der Menschheitsordnung: Die Liebe leitet sich von den Eltern her und stuft sich ab nach oben hin bis zum Urahn des Geschlechts. Die Pflicht leitet sich von den Urahnen her und steigert sich nach unten hin bis zum heimgegangenen Vater. So ist der Weg des Menschen die Liebe zu den Nächsten.
Die Liebe zu den Nächsten führt zur Verehrung der Ahnen; die Verehrung der Ahnen führt zur Achtung vor den näheren Vorfahren; die Achtung vor den Vorfahren führt zum Zusammenhalt des Stammes; der Zusammenhalt des Stammes führt zur Heilighaltung des Ahnentempels; die Heilighaltung des Ahnentempels führt zum Wichtignehmen der Landessitten; das Wichtignehmen der Landessitten führt zur Liebe zum Volk.
Die Liebe zum Volk führt dazu, dass die Strafen gerecht werden; sind die Strafen gerecht, so leben die Leute in Sicherheit; leben die Leute in Sicherheit, so sind genügend Güter da; sind genügend Güter da, so kann man alle seine Absichten verwirklichen; kann man seine Absichten verwirklichen, so nehmen die Traditionen und Sitten feste Formen an. Haben Traditionen und Sitten feste Formen, so folgt die Freude.“
Der Einzelne lernt die moralischen Qualitäten in der Familie. Die Liebe und Leitung der Eltern ist das Vorbild für eine gerechte Staatsführung: der ideale Herrscher leitet das Volk wie Eltern ihre Kinder: mit Liebe, Gerechtigkeit und klaren Regeln. Die Liebe zu anderen lernen Menschen hier überhaupt nur als Ableitung aus der familiären Erfahrung. Dies ist verwurzelt in einer festen ethnischen und regionalen Bindung. Ein Mensch sieht sich nicht als eine zufällige einzelne Erscheinung, sondern als Erbe seiner Ahnen, die die Region, das Land und die Kultur aufbauten. Diesen schuldet er alles, was er hat, wie er selbst ein Ahne wird, und das weitergibt, was er empfing. Es ist höchste Verpflichtung für ihn, die Bewahrung und Weiterentwicklung.
Im Kern steht, anders als der Konfuzianismus im Westen manchmal wahrgenommen wird, keine autoritäre Härte, sondern die Menschlichkeit. Sie macht den Kern der Lehre aus. Ohne dieses Verlangen nach Menschlichkeit wäre die Philosophie in der Tat nur eine hohle Sittenlehre. Und gerade das war nicht die Absicht. Wie sich diese definiert, zeigt wiederum das Li Gi auf:
„Die Sittsamkeit verlangt, dass man zu den Vornehmen ehrerbietig ist, zu den Alten ehrfürchtig, zu den Kleinen liebevoll, zu den Jugendlichen freundschaftlich, zu den Geringen gnädig ist; das ist Sittsamkeit. Heute aber sind die Menschen gegen die Oberen aufsässig, die Unteren werden in Not gebracht, das Rechte wird missachtet und man setzt sich mit Gewalt durch.“
Konfuzius waren Gewalt und Unterdrückung zutiefst zuwider, und ein klares Kennzeichen einer Gesellschaft, die im Ganzen den Weg verloren hat. Konfuzius wollte Menschen sanft auf den richtigen Weg führen, durch Vorbild und Bildung. Er betont dies immer wieder. „Der Edle kennt keinen Streit.“ Und: „Irrlehren angreifen, das schadet nur.“
Damit überall Menschlichkeit walten kann, muss Gerechtigkeit bestehen, d.h. eine unparteiische Ordnung, in welcher die Guten hoch kommen und die Ungerechten nieder gehalten werden, also in dem nicht Gauner und Betrüger nach Oben kommen. Wenn oben die Sitten verfallen, so verfallen sie am Ende auch unten. Das ist für uns im Westen eine seltsame Sicht. Nur wenige kämen auf den Gedanken, die private Lebensführung unserer Politiker zu hinterfragen. Dass viele sich mehrfach scheiden lassen, im Privaten unleidliche und niedere Typen sind, das interessiert uns wenig; wir schauen nur nach den politischen Programmen. Damit aber setzt der Verfall ein, weil Menschen immer die ihnen oberen imitieren. Das Beispiel von oben, eben auch das Schlechte, setzt sich im Volk fort.
Konfuzius geht es nicht um eine abstrakt definierte Moral, sondern um eine individuelle, durch persönliches Beispiel gelebte Sittlichkeit. Er lehrte nicht durch logische Erklärungen, sondern Umschreibungen. „Als der Stall niederbrannte und Konfuzius zurück kehrte, fragte er: ‚Wurde jemand verletzt?‘ Er fragte nicht nach den Pferden.“ Dieses berühmte Zitat beleuchtet die Lehrweise Konfuzius und wie er Menschlichkeit definiert. Er sorgt sich nicht um den Besitz – die Pferde. Aber er sagt es nicht direkt, das Gleichnis umschreibt es nur. Es ist eben kein Kantianischer Imperativ, sondern eine Ermutigung zum persönlichen Vorbild. Von ihm stammt die berühmte Goldene Regel: „Füge anderen nicht zu, was du nicht willst, dass dir zugefügt wird.“ Dabei steht der Konfuzianismus zwischen den Extremen des Universalismus und Tribalismus. Es gibt eine Moral, eben die Menschlichkeit, die man allen Menschen gegenüber walten lässt; dennoch ist das Verhältnis der Einzelnen zueinander wichtig. Man verhält sich den Obigen gegenüber mit Respekt, den Unteren gegenüber mit Milde. Die Eltern leiten die Kinder mit Strenge und Güte, die Kinder achten die Eltern mit Respekt. Dies setzt sich in allen Bereichen fort: es gibt eben keine Gleichheit, aus der die Moral entspringt, sondern was sittlich ist, bestimmt das Verhältnis der Menschen, wie sie zueinander stehen. Damit wird die gesellschaftliche Ordnung aufrecht erhalten. Die Rollen der Menschen sind eben unterschiedlich, und das Urbild dazu ist die Familie. Der Vater als Beschützer und Leiter, die Mutter als nährend und umsorgend, die Kinder folgsam und respektvoll. Auch die Rollen von Mann und Frau können nicht die gleichen sein, sie sind Abbilder von Yin und Yang, dem männlichen Himmelsprinzip und dem weiblichen der Erde: der Himmel beleuchtet und überwölbt, die Erde trägt und nährt. Es ist keine Unfreiheit, keine Ungleichheit der Würde, aber es sind sich ergänzende Rollen, wie eben im Yin-Yang Symbol: zwei Teile deren gegensätzliche Rollen einander zu einem Ganzen ergänzen, da sie sich ihren natürlichen Anlagen entsprechend einbringen. Ethik von der Familie als Kern aus zu denken, ist die Balance zwischen Universalismus und Tribalismus. Die Familie steht einem näher als alle anderen, ihr ist man zuhöchst verpflichtet, danach kommt die eigene Region, und dann die Nation, der Staat, und erst danach die Menschheit als Ganzes. Es ist aber auch kein Tribalismus, in dem nur dem eigenen Stamm moralische Pflicht gilt. Die Menschlichkeit und Gerechtigkeit gelten gegen alle, aber die moralische Pflicht ist vom inneren Kreise, von der Familie ausgehend, abgestuft. Dem Eigenen gilt die höhere Pflicht als dem Fremden.
Im Kern muss aber die Sanftheit, die Menschlichkeit stehen, sie darf kein Zwang, keine Gewalt sein. Als Konfuzius Richter war und ein Vater seinen Sohn verklagt, weil dieser ihm ungehorsam war, sperrte er einige Zeit beide ein, da er sagte, durch seine Härte habe auch der Vater seine Pflicht, seinen Sohn weise und gerecht zu leiten, missachtet. Bei Menzius, dem Schüler Konfuzius wird dies auch auf die Politik ausgedehnt: eine Regierung verliert ihr „Mandat des Himmels“, wenn sie gegen das Wohl des Volkes handelt. Es ist bei aller Betonung von Respekt und Sittlichkeit kein einseitiges Vorrecht der Oberen, sondern eine auf Gegenseitigkeit beruhende Ordnung. Die Pflicht der Oberen ist Vorbild zu sein auch in der privaten Lebensführung, sonst hört sie auf wahre Obrigkeit zu sein und wird Tyrann.
Pietät, Sitte und Bildung
Das dritte Standbein der Philosophie macht die Pietät aus. Das meint durchaus eine religiöse Komponente. Auch wenn China keine Religion im Sinne fest stehender Dogmen kennt und eine eher sanfte Religiosität übt, war für Konfuzius die Religion wichtig. „Ein Mensch ohne Glauben ist wie ein Wagen ohne Joch und Deichsel: wie soll der voran kommen?“ Die religiöse Pietät wurzelt im Chinesischen wie in allen heidnischen Religionen, in der Verehrung der Ahnen. In jedem Haushalt ist ein Ahnenschrein, vor ihm finden die täglichen Andachten statt. Man ist mit den eigenen Ahnen verbunden, eine in fast allen vor-Christlichen Religionen verbreitete Vorstellung. Ahnen und Götter sind etwas in der Küche, im Haushalt, etwas Persönliches und kein ferner, abstrakter Gott auf einem Thron. Das ist eine nahe, weltliche und persönliche Religiosität. Wohl gibt es auch Hohe Gottheiten, den Himmel und die Erde, der wichtige Bezug aber sind die eigenen Ahnen, die aufgestiegen sind, in deren Reihe man sich verpflichtet fühlt. Das Gefühl der Verbundenheit umfasst so die Lebenden in der Familie, ebenso wie die Verstorbenen. Man verliert das Band der eigenen Geschichte nicht, weil es jeden Tag in der pietätvollen Andacht ins Gedächtnis gerufen wird.
Pietät ist ein sich zurück nehmen, man sieht sich als Teil eines größeren Ganzen, eines Erbes, das einen verpflichtet, und das man würdig weiter gibt. Das ist ein ganz anderes Bewusstsein, als der Individualismus des Westens, in dem jeder Einzelne als „seines Glückes Schmied“ angesehen wird, und die Einzelleistung gegenüber der Sippe, der Gemeinschaft, den Vorrang hat. So nehmen wir immer die Geschichte als eine Aneinanderreihung einzelner „Genies“ war, als ob diese quasi aus dem Nichts sich selbst erschaffen hätten und ihren Status niemand anders, keinem Vorangegangenen schulden würden. Mit entsprechendem Leichtsinn wird denn auch heute das Alte zerschlagen. Es gibt keinen Respekt für das Gewachsene. Konfuzius betont die Bedeutung des Gewachsenen immer wieder. Geduld und Selbstbeherrschung, seine Zeit abwarten, nichts Erzwingen, sich im Einklang mit dem natürlichen Wandel bewegen, das sind in ganz Asien herausragende Vorstellungen.
In Japan gibt es das Sprichwort, der Nagel der herausragt, wird eingeschlagen. Was für uns Individualisten erst einmal grausam klingt, kann man auch ganz anders sehen. Ich hatte die Gelegenheit, zweimal nach Japan zu reisen. Meine Erwartungen waren ähnlich wie die vieler Westler: eine Kultur erzwungener, falscher Höflichkeit, die nur Maske sei. Die Doppelstadt Tokio – Yokohama ist ein gigantisches Menschengewusel, von einem Ausmaß, das man sich als Deutscher nicht vorstellen kann. Dennoch herrscht eine sehr große Ruhe in der Öffentlichkeit. Nie habe ich schreiende, tobende oder laute Kinder erlebt, nie zankende Menschen. Das Spannende ist: man fühlt sich durch diese allseits geltende Höflichkeit schnell extrem entspannt. Man wird selbst höflich und sanft, weil man weiß: niemand macht mir den Platz streitig, niemand motzt mich an, ich laufe nicht durch die Großstadt wie durch ein Kriegsgebiet. Die Wirkung ist enorm. Innerhalb kurzer Zeit verliert man die Abwehrhaltung, die gespannte Aufmerksamkeit, die man als Großstädter ansonsten erworben hat. Und nicht umsonst: Japan zählt zu den sichersten Ländern der Welt. Obwohl es Japan ist, dient es als Beispiel gut, weil man in Japan, mehr als im durch die kommunistische Revolution verdorbenen China, besser den Geist konfuzianischer Werte im Alltag erleben kann; sie prägen und dominieren ganz Asien.
Das ist was Sittlichkeit meint: ein sich zurücknehmen, aber keine Kriecherei. Konfuzius betont immer wieder, die Form wahren. Was uns als Zwang scheint, ist eigentlich ein Sicherungsmechanismus gegen ein Übermaß.
„Ehrerbietung ohne Einhaltung der Form wird zu Kriecherei. Vorsicht ohne Einhaltung der Form wird zu Ängstlichkeit. Mut ohne Einhaltung der Form wird zu Auflehnung. Aufrichtigkeit ohne Einhaltung der Form wird zu Grobheit.“
Dieses Konzept der Sittlichkeit ist eine Selbstbeherrschung, durch die man sich voreinander schützt, aber auch, durch das man sich selbst schützt, vor einem sinnlosen Übermaß, vor geistloser Kriecherei und Unterwürfigkeit, die Konfuzius Lehre eben gerade nicht ist. Der „Edle“ in der konfuzianischen Lehre ist kein Superkapitalist, der das Maximum an Profit für sich sucht, wie es das individualistische Ideal der westlichen Moderne darstellt, sondern er ist Teil seines Bezugsrahmens: der Familie, der Nachbarschaft und dem Staat. Diese verfällt von oben, wird aber von unten her erneuert. „Wenn du den Staat verbessern willst, musst du erst die Regionen verbessern. Wenn du die Regionen verbessern willst, musst du erst die Städte verbessern. Wenn du die Städte verbessern willst, musst du erst die Nachbarschaften verbessern. Wenn du die Nachbarschaften verbessern willst, musst du erst die Familie verbessern. Wenn du die Familie verbessern willst, verbessere erst dich selbst.“ Die Ethik geht in immer größeren Kreisen vom Kleinen aufwärts. Sie ist keine Schulmeisterei eines Obrigkeitsstaates.
Den fünften Grundpfeiler macht die Bildung, sie ist für Konfuzius Mittel und Selbstzweck zugleich. Unbildung war für ihn ein großer Fluch. „Ein Volk ohne Bildung in den Krieg führen, das heißt, es dem Untergang weihen.“ Hier kommen zwei Übel zusammen: ein ungebildetes Volk und eine Führung in Krieg und Gewalt: das kann nur schlecht ausgehen. Nur Bildung ermöglicht Verstehen, ermöglicht, seinen Platz und seinen Weg in der Gemeinschaft finden. Aber für Konfuzius, der sein Leben lang nicht den Erfolg seiner Lehre erlebte, war Bildung auch ein Trost, etwas um das man sich immer bemüht, um sein Wissen und seinen Charakter immer zu bessern. Für Konfuzius bezeichnet der Weg des Edlen Fleiß, Hingabe und immer wieder Selbstverbesserung, Lernen und Bildung erlangen. „Wer sich nie schämt, wie kann der sich bessern?“ Es ist diese Scham, die den Menschen heute abhanden gekommen ist im Westen. Man will sich nicht bessern, ja man kann sich gar nicht mehr bessern, weil keiner mehr ein rechtes Gefühl für die eigenen Unzulänglichkeiten hat. Jeder ist ein kleiner König, von Kindesbeinen an werden Menschen ermutigt, sich nicht zu ändern, dass alles was sie tun recht und billig sei. Wir wurden überschwemmt mit Ratgebern, die uns sagen, wir sind ok, egal wie wir sind, wir müssen alles akzeptieren und eine kritische Selbst-Befragung, die Notwendigkeit sich zu bessern, haben wir damit verloren. Es wurde den Menschen aberzogen sich zu schämen. Dumme, rohe, derbe Menschen werden uns überall vorgeführt, im Fernsehen, in der Politik ebenso. Es sind oben wie unten Menschen unfähig der Scham, eine schamlose Gesellschaft, die keinen Sinn für die eigenen Charakterschwächen mehr hat, die eigene Unbildung und Primitivität. „Die Alten hielten mit ihren Worten zurück, denn sie schämten sich, mit ihren Taten hinter ihren Worten zurück zu bleiben.“ Heute agieren die Leute im Westen genau umgekehrt: wer am lautesten Schreit und am größten angibt, der bekommt. Damit kommen die Dummen und die Primitiven nach oben.
Was uns die Perspektive Asiens und Konfuzius sagen könnte, damit ließe sich viel sagen. Mich erfüllt in der Betrachtung klar das Gefühl, dass wir auf eine ganz grundlegende Weise in die Irre gegangen sind, und dass es hier keine schnellen Lösungen gibt, sondern nur ein sehr geduldiges Aufbauen, oder erst einmal ein Bewahren für die Zeit des erneuten Aufbaus. Konfuzius glaubte in seiner Lebensaufgabe gescheitert zu sein; er erlebte das Ende der Zeit des Chaos nicht mehr, noch erlebte er, welch überragenden Einfluss seine Lehre in ganz Asien erreichen würde. Dennoch ließ er sich nicht verdrießen, sondern lehrte gelassen und heiter bis an sein Ende.
„Nicht, dass ich kein Amt erhalte, sollte mich betrüben, sondern dass ich nicht würdig sei, ein Amt zu erhalten.“
Einige gesammelte Aphorismen
Der Weise hat in seiner Einstellung zur Welt weder Vorlieben noch Vorurteile. Er ist auf der Seite des Rechts.
Dem Menschen, der der Menschlichkeit entbehrt, helfen keine frommen Gesten.
Geschickte Reden und eine zurechtgemachte Erscheinung sind selten Zeichen von Mitmenschlichkeit.
Der Weise ist friedliebend, aber er kennt keine Kompromisse. Der gewöhnliche Mensch macht Kompromisse, aber ist nie friedliebend.
Der Edle ist kein Gerät.
Gute Menschen machen die Schönheit eines Platzes aus. Wer die Wahl hat, und nicht unter guten Menschen wohnt, wie kann der weise genannt werden?
Der Gebildete richtet sein Streben auf die Wahrheit; aber wenn einer sich schlechter Kleidung und schlechter Nahrung schämt, der ist noch nicht reif, um mitzureden.
Wer sich selbst regiert, was sollte der Schwierigkeiten haben zu regieren? Wer sich nicht selbst regieren kann, was geht den die Regierung von anderen an?